Mittwoch, 6. Februar 2013

Schweinchenbau Ein bisschen später als geplant erscheint Beitrag #3 von münchen modern über das Institutsgebäude der LMU an der Leopoldstraße 13, aufgrund seiner Rosa Farbgebung im Volksmund besser bekannt als „Schweinchenbau“. Dafür dass dieser Blogpost erst jetzt veröffentlicht wird, sind Schwierigkeiten bei der Recherche verantwortlich: Teil der Idee von münchen modern ist es, möglichst genaue Informationen über das jeweilige Gebäude, die beteiligten Architekten und die Baugeschichte bereitzustellen. Beim Schweinchenbau ist es mir jedoch bislang nicht gelungen, den Namen des verantwortlichen Architekturbüros in Erfahrung zu bringen. Für diese Problematik, die es in Zusammenhang mit münchen modern sicherlich noch öfter geben wird, gilt es eine Lösung zu finden. Gleichzeitig steht diese Informationslücke aber auch für den prekären Status vieler Bauten der 60er, 70er und 80er Jahre: Man kennt Behnisch‘ Olympiastadion und Karl Schwanzers BMW-Hochhaus. Den in der gleichen Zeit entstandenen, das Münchner Stadtbild prägendem Bauten von Architekten wie Alexander von Branca, Ernst Maria Lang oder Fred Angerer wird dagegen bestenfalls mit Gleichgültigkeit, wenn nicht mit Ablehnung begegnet.

Natürlich handelt es sich dabei nicht immer um architektonische Ausnahmeschöpfungen ersten Ranges, doch hat auch so mancher Gebrauchsbau seine Qualitäten – wie auch das Beispiel Schweinchenbau zeigt. Wie aus Entwurfsskizzen auf der Webseite des Immobilienunternehmens Peter Haupt hervorgeht, wurde die Planung des Institutsgebäudes 1979 erstellt. Das Richtfest wurde 1983 gefeiert und 1985 zogen schließlich u.a. die Psychologische Fakultät der LMU sowie die Lehrbuchbibliothek des Studentenwerks in dem Gebäude ein. Der Schweinchenbau befindet sich zwischen der 1970 errichteten LMU-Mensa im Westen und der 1971 eröffneten U-Bahnhaltestelle Giselastraße im Osten an der Stelle des ehemaligen Prinz-Leopold-Palais. Das Wohndomizil des jüngeren Bruders von Bayerns letztem König Ludwig III. wurde 1935 von den Nationalsozialisten abgerissen, ein an dem Ort geplantes Jagdmuseum jedoch nie realisiert.

Bereits in seiner äußeren Erscheinung verweist der Schweinchenbau auf die architektonische Postmoderne. Der ziemlich massive Baukörper setzt bei einer moderaten Höhe mehr auf Breite und Tiefe. Erker, Dachbalkone und stufig auslaufende Pylonen verleihen dem Gebäude eine eher verspielte Ausstrahlung. Im Inneren setzt sich das Programm einer weniger strengen, natürlicher wirkenden Moderne fort. Am deutlichsten wird das in der im Kern des Gebäudes liegenden, fünf Etagen überspannenden Institutsbibliothek: Eine trichterförmig nach Innen verlaufende Dachkonstruktion aus Glas und Stahl versorgt die Bibliothek mit reichlich Tageslicht und läuft in eine baumstammähnliche, begrünte Mittelsäule aus. Die ringsförmig angeordneten Leseetagen werden von Arbeitsplätzen gesäumt, die vielen Bibliothekslesesälen zueigne steril-monumentale Atmosphäre wird dadurch vermieden. Auch andernorts sorgen in dem Institutsgebäude Dachgärten und Oberlichte für eine offene und kreative Atmosphäre. Die große Bandbreite der in dem Haus abgebildeten Funktionen (Hörsäle, Seminarräume, Gemeinschaftsflächen, Büros) wird durch eine entsprechende Vielzahl an Raumformen wiedergespiegelt.

Der Schweinchenbau erscheint in keinem Architekturführer und wird auch sonst nicht zu den architektonischen Meisterwerken in München gezählt. Neben der Bestimmung als Zweckbau ist dafür sicherlich auch die Nähe zur bislang nicht besonders geschätzten architektonischen Postmoderne verantwortlich. Dennoch ist das Institutsgebäude ein exzellentes Beispiel für das, was aufzuzeigen sich münchen modern zum Ziel gesetzt hat: Ein von seinen Nutzern und Anwohnern als alltäglich wahrgenommenes Gebäude der 80er Jahre, das mit seinen Qualitäten gegenwärtigen und künftigen Bauprojekten in München als willkommene Inspirationsquelle dienen könnte.


Luftansicht des Schweinchenbaus bei Google Maps

Fassadenansicht von der Leopoldstraße: Massiver Baukörper mit verspielten Details
Die Dachkonstruktion in der Institutsbibliothek
Das Innere der Institutsbibliothek - einer der schönsten Bibliotheksräume Münchens
Auch das Treppenhaus bietet Durchblicke auf das umgebende Schwabing
Typisch Achtziger: Ein Flur im Institutsgebäude
Kassettendecke, Oberlicht und charakteristische Lampen: Die Zeitungslesehalle
Dachgärten mit ungebenden Institutsräumen
Das Untergeschoss des Schweinchenbaus mit Aus/Eingang zur U-Bahn

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