Schwabylon Ein Phantom und doch
allseits bekannt: Das Einkaufs- und Vergnügungszentrum Schwabylon
gehört zu den bekanntesten Bauwerken der Münchner
Nachkriegsmoderne. Auch der Sachverhalt, dass das 1973 eröffnete
Schwabylon bereits 1979 wieder abgerissen wurde, ändert daran
nichts, sondern befeuert den Mythos nur noch. Denn mit seiner
grellbunten Hippie-Fassade und seiner ausschließlich hedonistisch
ausgerichteten Zweckbestimmtheit scheint das Gebäude wie eine in
Beton gegossene Verkörperung von Münchens „Swinging Seventies“.
In der Folge ist das Schwabylon auch bestens dokumentiert, unter
anderem durch einen ausführlichen
Wikipedia-Eintrag,
durch eine Planskizze auf der
Webseite
des Architekten Justus Dahinden sowie durch die recht
beeindruckende Dokumentation der bis heute noch erhaltenen Fragmente
des Bauwerks durch die
„Bunkerfreunde
München“.
Wenig Beachtung wird allerdings dem
Sachverhalt geschenkt, dass das Einkaufs- und Vergnügungszentrum
Schwabylon nur Teil eines Bauensembles war, zu dem auch zwei
Wohnhochhäuser gehören, die noch heute existieren und in ihren
Untergeschossen ungenutzte Reste der ehemaligen
Schwabylon-Schwimmhalle beherbergen. Es handelt sich dabei um das
zehnstöckige Apartmenthaus Leopoldstraße 202 und das sogar bis zu
fünfzehnstöckige, leicht pyramidenförmige Hochhausgebäude
Leopoldstraße 206. Einst für
„Messerstechereien,
Drogenhandel und Prostitution“ bekannt, befinden sich die
Wohnhäuser heute in einem für Bauten der Siebziger Jahre
vorbildlichen Zustand.
Im Detail betrachtet geben sich beide
Apartmenthäuser schnell als Überbleibsel des Schwabylon-Ensembles
zu erkennen: In den großzügigen Eingangsfoyers finden sich typische
70er-Jahre-Formen, die Fassadengestaltung nimmt die in leuchtendem
gelb und rot gehaltene Farbgebung des Einkaufs- und
Vergnügungscenters auf und der skulptural gestaltete Aufzugs- und
Versorgungsschacht im Mittelteil des höheren Wohnhochhauses
korrespondiert mit der ehemaligen Schwabylon-Fassade. Auf der der
Leopoldstraße abgewandten Gebäudeseite befindet sich schließlich
noch ein pyramidenförmiges Oberlicht, das Einblick in einen Teil der
verfallenen Schwabylon-Schwimmhalle bietet.
Die Apartmenthäuser beeindrucken mit
Monumentalität, werden aber sonst durch schlichte Zweckgebundenheit
gekennzeichnet, die durch das eine oder andere heute als angenehm
„retro“ empfundene Gestaltungsdetail durchbrochen wird. Um ein
architektonisches Highlight handelt es sich nicht, aber wohl um einen
Bau, der auch heute noch recht gut das Zeitgefühl der Siebziger
Jahre verströmt. Damit dürfte übrigens auch der Kern der
Schwabylon-Nostalgie recht gut getroffen sein: Wer hätte heute
ernsthaft noch gerne in einer eher unattraktiven Ecke von Schwabing
einen von einer Sonnen-Fassade geprägten Betonkoloss, der in seinem
Inneren ein munteres Sammelsurium aus Shopping, Gastronomie,
Spielhalle, Ärztehaus, Eishalle und Schwimmbad beherbergt? Aber als
Retro-Fetisch auf einem
Merricks-Plattencover
macht das Schwabylon in jedem Fall eine gute Figur.
Luftbild der Anlage Leopoldstraße 202 - 206 bei Google Maps - das Schwabylon befand sich anstelle der Bürogebäude im Vordergrund
|
Fassade des größeren Wohnblocks (Leopoldstraße 206) |
|
Der eigenwillige Versorgungsschacht des Hochhauses / Fassadendetail |
|
Feinste 70er Jahre Formen in der Eingangshalle des Hochhauses |
|
Die Anlage wird von der für Bauten der 70er Jahre typischen Monumentalität geprägt |
|
Rückansicht des Wohnhochhauses mit eigenwilligen Belüftungsrohren |
|
Detailansicht der Balkone |
|
Ein Oberlicht auf dem Parkdach bietet Einblick in die ehemalige Schwabylon-Schwimmhalle |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen